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Der Gartenzwerg Elagabalus und ein Hochbeet

In der Wiener Zeitung vom 14. Juni 2021 wird äußerst poetisch von „Hochbeet-Hindernissen“ berichtet:

Die Vögel zwitschern. Die Schmetterlinge fliegen. Die Bienen summen und die Hummeln brummeln. Da ist gut Mensch sein, so lässt sich’s leben, und die Petersilie kommt aus dem eigenen . . .
Au weh.
Das war zwar nicht der Daumen, aber Hammer auf Ringfinger ist auch kein Hochgenuss.
Weil … – Also, das Hochbeet, dessen Entstehen Elagabalus seit Tagen beobachtet: Natürlich ist es aus Holz. Und ganz leicht aufzubauen ist es „für den begeisterten Hobbygärtner“.
Dass der begeisterte Hobbygärtner ein kundiger Hochbeetarchitekt und ein gewiefter Tischler in einer Person sein muss, stand nicht in der Beschreibung
Geliefert wurde das Hochbeet in dreihunderteinundzwanzig Teilen. So ungefähr – ohne nachzuzählen, was auch schwierig wäre, denn mindestens einhundertdreiunddreißig Teile sind schon kundig verbaut. Und der Apotheke geht jetzt langsam der Vorrat an Wundpflastern aus.
Die Bienen summen, die Hummeln brummeln, und Elagabalus schaut zu.
Eigentlich hätte der Kräutler am nächsten Eck auch Petersilie.
Der große tschechische Schriftsteller Karel Čapek schrieb „Das Jahr des Gärtners“. Beim Lesen schon bekommt man Gartenlust. Nun gut, Karel Čapek erfand ja auch das Wort „Roboter“, und dennoch wäre es unfair, ihm die Schuld für die „Transformer“-Filme zu geben.
Und in der Buchhandlung darf man ohnedies nicht in dieses Regal schauen, das allein schon wegen der Buchrücken grün schimmert: „Mein Garten“, „Gartenprojekte“, „Mein Garten im Wandel“. Sogar ein Büchertisch steht da und darauf florieren „Mein Gartenwissen“, „Gärten gestalten“, „So geht Garten“ (aber so geht nicht Deutsch). Endlich auch eine Warnung: „Ein Garten ist niemals fertig“. Und schließlich Bücher zum Thema Hochbeet. Würde Elagabalus daraus vorlesen, wäre er wenigstens nützlich.
So aber umsummen Bienen und umbrummeln Hummeln seine Mütze.

Anmerkung: Elagabalus ist offenbar ein Gartenzwerg, benannt nach dem römischen Kaiser, der Blüten so liebte. Wikipedia schreibt dazu: „Elagabal (* 204 wahrscheinlich in Rom; † 11. März 222 in Rom) war vom 16. Mai 218 bis zu seiner Ermordung römischer Kaiser. Ursprünglich hieß er Varius Avitus Bassianus. Als Kaiser nannte er sich Marcus Aurel(l)ius Antoninus, um wie sein angeblicher Vater Caracalla an die Antonine anzuknüpfen. Der Name Elagabal, den der von ihm verehrte Gott trug, wurde dem Kaiser erst lange nach seinem Tod beigelegt. (…) Für die antike und die neuzeitliche Nachwelt wurde der Name Elagabal zum Symbol für Lasterhaftigkeit und Dekadenz der römischen Kaiserzeit sowie verhängnisvolle orientalische Kultureinflüsse.“ Und die angebliche Liebe zu den Blumen stammt aus der Erzählung der Historia Augusta, dass nämlich bei einem Bankett Elagabals einige der Gäste unter der Unmenge duftender Blütenblätter, die der Kaiser von der Decke auf sie hinabfallen ließ, erstickt seien.

Quelle

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/literatur/2108041-Vom-Gaertnern-und-Garteln.html (21-06-14)





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